Besser als Sex

 

Stefan Petzner im Interview. 

In einer internen Umfrage erreicht das BZÖ in der Landjägerredaktion genau 0 %. Martin Gruber und ich treffen uns dennoch mit dem Gründer und irgendwie prägendstem Gesicht  der Partei – Stefan Petzner.
Ein Auszug aus einem Gespräch über Macht, Moral und Melancholie
von Martin Gruber & Johannes Scheutz

 

[…] LJ: Gibt es eine moralische Grenze, wo du sagt, das ist  die Inszenierung nicht mehr wert?

P: Das ist eine gute Frage. Da muss man immer unterscheiden, weil ich mehrere Funktionen inne hatte. In meiner Funktion als Kampagnenmanager, Wahlkampfleiter und Spindoktor von Haider war mein Auftrag, politischen Erfolg zu haben und Wahlen zu gewinnen – um jeden Preis. Wenn ich das sage, dann meine ich das auch. Das heißt, wer Wahlkämpfe gewinnen will, darf keine moralischen Skrupel haben.
Jeder der sagt: ich habe da moralische Grenzen, der ist entweder ein schlechter Wahlkampfmanager, oder er lügt. Das ist die Wahrheit. Mein Job war es, zu gewinnen und politischen Erfolg zu generieren und dafür war mir jedes Mittel Recht. Auch das Mittel der Hetze gegen Randgruppen und Minderheiten. Ich sage das ganz offen. Ich ergänze aber, dass ich immer genau zwischen meinem politischen Job und mir als Menschen unterschieden habe. Das heißt: Wenn ich das mache, muss ich das nicht meinen. Ich habe teilweise Slogans gemacht und Kampagnen gegen einzelne Gruppen oder auch Personen, bei denen ich eine gewisse persönliche Distanz dazu hatte. Aber im Sinne des politischen Erfolges und der Inszenierung war es nötig. Und da stehe ich auch dazu.

-Dafür war mir jedes Mittel Recht.- 

LJ: Du hast einen Standard-Kommentar über Conchita Wurst geschrieben, in dem du sinngemäß schreibst, jeder darf so sein wie er will. Einerseits gehst du zur Wählermaximierung über moralische Grenzen. Andererseits propagierst du, dass alle so leben dürfen, wie sie wollen.

P: Ja.

LJ:
Entsteht da für dich kein Gap?

P: Ja sicher entsteht da ein Gap. Aber Wahlkampf ist Technik. Du wendest Kampagnisierungs-Techniken an. Das ist für mich alles reine Technik. Das ist Job. Das andere ist privat. Den Kommentar habe ich privat geschrieben.

LJ: Wenn ich dich als PR-Manager fragen würde: du kriegst eine Mörderkohle von den Grünen, wenn du incognito  den PR Wahlkampf für sie machen würdest: würde dich das interessieren?

P: Da ich jetzt nicht mehr Politiker, und eher im PR-Fach tätig bin, theoretisch schon. Natürlich, ja.

-It’s showtime!-

LJ: Du hast in einem Krone-Interview gesagt, du siehst dich durchaus als Künstler, oder deine Arbeit als künstlerische Arbeit.

 P: Das ist es auch. Als Spin Doctor und politischer Werber arbeite ich mit dem Wort, mit der Sprache. Und als Politiker, wenn ich vor die Haustüre gegangen bin, habe ich jeden Morgen zu mir selber gesagt: It’s showtime. Es ist so, wie wenn ich eine Bühne betrete. Die öffentliche Bühne. Sobald ich daheim vor die Haustüre gehe, schauen mich die Leute auf der Straße an, kennen mich. Da kann ich nicht sagen: Leute, das interessiert mich heute nicht oder ich rede nicht mit dir, weil ich bin privat da. Du kannst dich auch nicht niedersaufen, weil dann bist du amnächsten Tag in der Zeitung. Das heißt, du musst auch eine bestimmte Rolle, spielen möchte ich nicht sagen, sondern erfüllen. Sonst bist du ein schlechter Politiker.

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LJ: Wie würdest du dein Image beschreiben? Was waren deine Rollen?

P: Da gibt es mehrere Phasen. Die Phase 1 von 2004-2008 war ich ja eigentlich regional auf Kärnten beschränkt. Da war ich Pressesprecher und geschäftsführender Landesparteiobmann. Das heißt, in Kärnten hat man mich gekannt, österreichweit weniger. Ich war Haiders Mann fürs Grobe, habe die politische Drecksarbeit gemacht, und habe jeden angepinkelt, der anzupinkeln war. Da haben wir dem politischen Gegner das Fürchten gelehrt, Gott sei Dank. Fürchten tun sie sich teilweise heute noch.
Wir waren ja mit Haider in einer gewissen Art und Weise in einem Permanentwahlkampf. Zum Beispiel ist die Frau Schaunig SPÖ-Vorsitzende geworden. Haider hat sie für gefährlich gehalten: Frau, sympathisch etc. Was machen wir da? Und ich habe gesagt: Gut, ich übernehme das, die Frau ist in einem Jahr erledigt.
Von dem Tag an wurde die Frau Schaunig von allen Ecken und Enden aus beschossen. So lange bis sie echt zurückgetreten ist, und erklärt hat, dass sie Haider und sein Umfeld – damit hat sie mich gemeint – nicht mehr aushält.  Ich habe für sie den Begriff  „die rote Quakente“ erfunden – weil sie so eine leicht schnatternde Stimme hat. Ich habe eine eigene Kampagne gemacht mit Pickerln und Karikaturen, was dazu geführt hat, dass die Leute beim Stammtisch, wenn die Frau Schaunig gekommen ist, nur noch gelacht und gesagt haben: Schau, da kommt die rote Quakente. Das war für sie als Frau natürlich sehr verletzend. Sie ist davon nicht mehr weggekommen. An dem Wochenende, an dem wir das zum ersten Mal präsentiert haben, beim Kirchtag auf der Schleppalm in Klagenfurt, da ist ein Rudel von 10-15 Frauen auf mich zugestürmt, und hat mich fürchterlich beschimpft: du Sexist, du Frauenfeind und das tut man nicht, und die arme Frau Schaunig. Das habe ich damals aber in Kauf genommen, weil ich gesagt habe, ok, das Ziel ist es, Frau Schaunig politisch zu beseitigen. Jedes Mittel ist Recht. Das ging so weit, dass wir ihre Familie und ihren Ehemann hineingezogen haben und politische Kampagnen gegen ihren Ehemann gemacht haben wegen der Seebühne. Sie hat die Seebühne immer kritisiert, wir haben herausgefunden, dass ihr Mann mit seiner Firma Aufträge von der Seebühne bekommen hat. Und dann haben wir riesige Inserate geschalten: „Sie kritisiert, er kassiert“. Mit einem schönen Familienfoto darüber. Sehr brutal, ja, aber es hat funktioniert, und sie ist zurückgetreten. Danke. Tschüss.

-Sehr brutal, ja, aber es hat funktioniert. Danke, Tschüss.-

LJ: Okay, Hand auf das Herz. Wenn du ab und zu alleine dann im Bett liegst am Abend, entsteht da sowas wie Reue? Wo du sagst: die tut mir jetzt persönlich Leid? Oder ist dir das wurscht?[…]

Ob es ihm tatsächlich wurscht ist (und was er noch zu Macht, Politik und Sex gesagt hat), steht im neuen Landjäger Magazin „Alles wahr“.
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